Family Skitour am Kranzberg

Was gibt es Schöneres, als an einem Wintersonntag mit Tourenski auf einen aussichtsreichen Sonnenbalkon zu steigen? Ganz einfach: Das Ganze mit den Kindern zu veranstalten! Und wo finden Skitourenfamilien den idealen Einsteigerberg? Auch ganz einfach: Am Kranzberg, hoch über Mittenwald!

 

Leni und Lois sind Gelegenheitsskifahrer. Die beiden Geschwister fahren bei jeder Gelegenheit. An die hundert Skitage kommen in einem guten Winter wie dem letzten zusammen. Also für jeden,
nicht für beide zusammen. Wenn die 13-jährige Partenkirchnerin – nicht Garmischerin! – und ihr drei Jahre jüngerer Bruder am Wochenende dann mal rennfrei haben, machen sie nicht etwa blau
(was perfekt zu ihren Vereinsfarben passen würde), sondern gehen natürlich zum Tauchen. Zum Tiefschneetauchen. Mit breiten Latten, Tourenbindung und Fellen. Und mit Mama Karen und Papa Holger.
Am liebsten sausen Leni und Lois mal schnell vom Kreuzjoch rüber zum Stuiben. Heute aber geht’s zur Abwechslung mal auf eine Familienskitour in die Nachbarschaft – zum sonnenverwöhnten Kranzberg, hoch über den Dächern von Mittenwald.

 

 

Aber nochmals ein Stockwerk runter, vom knapp 1400 Meter hohen Kranzberg ins 500 Meter tiefer gelegene Mittenwald: Das klingt nach Geigen und Lüftlmalereien, nach Gebirgsjägern und Maschkera, nach ledernen Hosen und buckligen Wiesen. Und ganz leise auch immer nach dem Kranzberg. Klotzt das → Dammkar im Osten von Mittenwald mit allerlei Superlativen, kleckert der Kranzberg im Westen der 7000-Seelen-Gemeinde viel bescheidener vor sich hin. Aber auf eine ausgesprochen sympathische Art und Weise. Am deutlichsten erlebt man die unterschiedlichen Skigebiets-Geschwister nach tagelangen Neuschneefällen und dem anschließenden Startschuss in den Tiefschnee.

Skistiefelsprints und Handgemenge um den ersten Platz in der Gondel gehören zur Karwendelbahn, der Kranzberg gibt sich mit seinen wenigen Schleppliften dagegen allzeit tiefenentspannt und unaufgeregt. Und herrlich altmodisch. Die Schirmbar an der Luttensee-Talstation will einfach nicht aus der Achtziger-Zeitschleife herausfinden. Und die Windelskikurskinder der Jahrgänge 2015 und 2016 drehen sich brav im Übungskarussell. Wie ihre Eltern dreißig Jahre zuvor. Und so manche Großeltern auch schon.

 

Kranzberg Skitour

 

Aber genug gelästert! In Wahrheit ist der Kranzberg ein kleines, von den Mittenwaldern gut gehütetes Wintersport-Juwel. Halt a bisserl verstaubt. Aber genau wie bei der britischen Krönungskrone von Lissi II. verhält es sich bei Skigebieten: Die unscheinbarsten Klunker sind die wertvollsten. Der Kranzberg glänzt im Vergleich zum PR-mächtigen Dammkar nämlich mit einem unbezahlbaren Vorteil: Er bekommt die Sonne ab. Wenn jemand in den sausteilen Nordwesthängen unter den Karwendelspitzen von Oktober bis März das Licht ausgeknipst hat und den Schalter nicht mehr findet, dann strahlt der Wiesenhügel im Westen von Mittenwald derweil munter mit der Sonne um die Wette.

Ein weiterer unschätzbarer Vorteil für Skitourenfamilien: Der Abstand zwischen dem Unten und dem Oben ist hier einfach ideal. Mittenwald liegt auf 912 Meter Seehöhe, der Kranzberg-Gipfel ist 1391 Meter hoch. Diese 500 Höhenmeter alleine sind schon Garant für frustfreies Familienvergnügen im Aufstieg.

 

Kranzberg Skitour

 

„Nach eineinhalb, spätestens zwei Stunden bergauf haben Kids meist keinen Bock mehr“, weiß Papa Holger. Dann haben die kleinen Hochleistungsakkus erfahrungsgemäß auch den Inhalt von Trappatonis „Flasche leere“. Also sollten die Eltern auch auf der vermeintlich kurzen Skitour auf den Kranzberg stets genug zum Essen und Trinken dabei haben. Letzteres natürlich in der bruchsicheren Thermosflasche. Im Falle eines Falles. Mama Karen empfiehlt heißen Tee – mit Zucker gesüßt. Als Superkraftstoff für die müden Motoren. Als alter Skitourenfuchs hat der Papa sogar ein Abschleppseil für den 10-jährigen Lois dabei. Für alle Fälle. Gebraucht hat er es noch nie. Und als kleine Motivationsbomben hat Holger natürlich auch immer Lachgummis im Hosensack. Gelacht wird an diesem Wintersonntag so oder so viel. Das beginnt beim Auseinanderziehen der Klebefelle, das im reinsten Tauzieh-Contest zwischen Sohnemann und seinem alten Herrn endet. Geht weiter beim Spitzkehren-Skiballett der Mädels mit heillos verdrehten Hax’n und endet mit künstlerisch wertvollem Hauchgraffiti am saunaheißbeschlagenen Hüttenfenster.

 

 

Aber schön der Reihe nach! Wer will, kann dem Kranzberg direkt von der Talstation in Mittenwald aus auf die flache Stirn steigen. Unsere Vier wählen einen anderen Weg: Sie parken etwas weiter oben, am Luttensee-Lift (der mit der Zeitschleifen-Schirmbar), und steigen entlang der vorbildlich beschilderten „K2-Skitourenroute“ gen Gipfel. Dabei kommen sie an der Korbinianhütte und am Berggasthof St. Anton vorbei. Wie es sich für echte Gipfelstürmer gehört, wird hier natürlich nicht eingekehrt, sondern knallhart weitergestiegen. Nur gut, dass direkt am Gipfel ein winziges Blockhüttchen wartet – und Mama Karens Zuckertee. „Zucker ist der Eltern schlimmster Feind, aber der Kinder bester Freund!“, sagt der Papa und zeigt ein Blend-a-med-Lachen vom Allerbreitesten.

Derart knapp dem Verdurstungstod von der Schippe gesprungen, heißt es nach dem Gipfelhütten-Picknick in der dünnen Luft auf 1391 Metern Höhe: abfellen, rein in die Bindung und runter durch den tiefen Schnee.

 

Über eines sind Kinder doppelt dankbar: Über gute Ausrüstung. „Wer den Kids Opas alten Hagan mit der 400er-Silvretta schenkt, kann davon ausgehen, dass die erste auch die letzte Skitour ist.“, sagt Holger. Recht hat er! Mittlerweile gibt es richtig gutes Material im XS-Format. Immer wichtig: Sicherheit on Tour. „Auf Pistenskitour ist alles easy, aber wer mit Kindern ins freie Gelände geht, muss wissen, was er tut“, weiß der staatlich geprüfte Skilehrer. „Da müssen auch die Kurzen Rucksack tragen, LVS, Sonde und Schaufel dabeihaben – und damit umgehen lernen.“ Aber was gibt es Lustigeres als vor der Hütte „Ostereiersuchen mit Pieps“ zu spielen?

 

Jetzt aber endlich los zum Tiefschneetauchen! Eines ist klar: Der Kranzberg ist nicht steil, aber hat Style. Und wer wie Leni, Lois & Co. am Luttensee startet, hat hier ein paar nette nordseitige Hänge vor sich. Genau richtig zum Zöpferlflechten. Wobei Zöpferlflechten die Sache nicht ganz trifft. „Big Turns“ kommt der Wahrheit schon sehr viel näher. „Mein Scott fährt 210. Schwupp, die Polizei hat’s nicht geseh’n. Das macht Spaß! Ich geb’ Gas, ich geb’ Gas!“ Da waren sie wieder, die Achtziger.

 

Kranzberg Skitour

 

Kranzberg Info


Der 1391 Meter hohe Kranzberg bei Mittenwald ist das ideale Ziel für eine Familienskitour mit Kindern ab etwa zehn Jahren. Von der Talstation der Kranzbergbahn in Mittenwald oder der Talstation des Luttenseelifts steigt man im meist flachen Gelände, vorbei an einigen Einkehrhütten, bis zum Gipfel. Oben wartet ein winziges Holzhüttchen – und ein 360-Grad-Panorama hinüber zu den steilen Felswänden von Karwendel und Wetterstein sowie hinab in die Geigenbaugemeinde Mittenwald. Runter geht’s über meist sanfte Ost- oder Nordhänge wieder nach Mittenwald oder zum Luttensee-Parkplatz.

 

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Fotos: ©Anton Brey