E-Bikes und die Nachhaltigkeit – Geht das?

Das Wort Nachhaltigkeit wird mittlerweile fast schon inflationär gebraucht. Damit schmücken wollen wir uns nicht – es geht uns nicht um eine bessere Vermarktung, sondern darum, Verantwortung zu übernehmen, uns selbst zu verbessern und zu handeln. Was wir in den letzten Monaten umgesetzt haben, gibt’s in unserem Action Report.

 

Wir möchten so unabhängig und transparent wie möglich über unsere Lieferanten sowie unser Sortiment informieren. Mit unserem WIR DENKEN UM Label zeichnen wir also verantwortungsvolle Unternehmen und nachhaltigere Produkte aus und werfen auch einen kritischen Blick darauf: z.B. inwiefern E-Bikes und Nachhaltigkeit zusammenpassen. Tipps zum richtigen elektrisch unterstützen Rad gibt’s in unserem E-Bike Guide.

 

E-Bikes & die Nachhaltigkeit, wie passt das zusammen? Natürlich hervorragend! … Das ist schlichtweg falsch und rein provokativ. Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Grund ist nicht eine verdeckte Kaufargumentation, sondern vielmehr das individuelle Verständnis von „Nachhaltigkeit“. Deswegen geben wir Einblick in unterschiedliche Aspekte, die sich bewerten lassen:

 

 

Die Herstellung

Von Aluminium, Carbon über Stahl, egal ob beim Rahmen eines E-Bikes oder Fahrrads, in der Komponentenwahl wie dem Antrieb, der Reifen oder Bremsen, es finden sich einfach keine Materialien und Rohstoffe, die sich wirklich als ressourcenschonend, recycelbar oder allgemein als nachhaltig bezeichnen lassen.

 

Aber warum? Warum gibt es noch keine Biomaterial-Frame-Kits oder Bikes aus recyceltem Stahl, Aluminium oder Carbon? Die einfachste Antwort auf diese Fragestellung wäre: „aus Kostengründen“. Allerdings ist das nicht die ganze Wahrheit. Ein Großteil des Know-hows bezüglich des eigentlichen Herstellungsprozesses mit Rohmaterialien befindet sich momentan überwiegend in Südostasien. Um Prozesse und Herstellungsverfahren der Serienfertigungen dort umzustellen, bedarf es langer Planung und Vorbereitung.

 

Dabei wäre es falsch zu behaupten, dass in dieser großen Industrie der Gedanke der Nachhaltigkeit noch nicht angekommen ist. Im Vergleich zur Textilindustrie gerade im Bereich der Sportbekleidung, wurde bereits früh mit dem verantwortungsvollen wirtschaften begonnen. Aufgrund der Materialbesonderheiten der Fahrradindustrie existiert ein großer Zielkonflikt bei der Umsetzung nachhaltiger Produktionsmöglichkeiten. Trotz allem, die Verantwortung ist da. Zahlreiche Hersteller unterstützen Projekte wie das World Bicycle Relief um Menschen in Entwicklungsländern die Mobilität und den Zugang zu Bildung zu ermöglichen. Auch in Teilabschnitten erfolgt ein Umdenken. Bei Verpackungsmaterialien werden zunehmend weniger Kunststoffe verwendet. Am tatsächlichen Herstellungsprozess ändert das nichts. Bis es wirklich zu einem Wandel hin zu nachhaltigen Rohstoffen der Produktion kommt, wird es aller Voraussicht nach noch einige Jahre dauern. Es grenzt an Wunschdenken, allerdings führt der momentane Materialmangel zu einer Beschleunigung dieser Entwicklung. Bioverbundwerkstoffe, die bereits im Motorsport Verwendung finden, sind zwar noch Zukunftsmusik im Rahmenbau, ergeben dennoch eine denkbare Alternative zu klassischen Materialien.

 

Zu den Herstellungsverfahren sei gesagt, dass sich diese nicht nur auf E-Bikes beschränken. Bis zum Produktionspunkt, an dem der Akku, Motor oder Kabelbaum verbaut werden, bestehen keine wesentlichen Unterschiede in der Montage oder der Energiebereitstellung beispielsweise für die Rohmaterialverarbeitung. Bauartbedingt weisen E-Bike-Rahmen ein größeres Materialvolumen im Vergleich zu normalen Fahrrädern auf. Dafür sind Montagestellen wie beispielsweise die Akku- und Motoraufnahme verantwortlich, die auf einem größeren Materialeinsatz basieren.

 

Mit dem Einbau des Akkus bekommt das E-Bike eines der wichtigsten, aber gleichzeitig hochgradig kritisiertesten Bauteile. Die Verfahren zum Abbau der erforderlichen Rohstoffe wie Kobalt sind mit einem massiven körperlichen Aufwand verbunden. Die Bergleute, darunter auch viele Kinder, arbeiten unter widrigsten Bedingungen und hoher Lebensgefahr. Auch die Gewinnung von Silizium, bei der große Wasser- und Energiemengen verbraucht werden, führt zu gravierenden Auswirkungen in den betroffenen Regionen. Hierbei wird auch keine „Lebensgrundlage durch Industrie“ geschaffen, da die Auswirkungen auf Menschen und Umwelt ein massives Ungleichgewicht erzeugen.

 

An dieser Stelle soll auch kein schadensminimierender Vergleich zu anderen Industrien hergestellt werden, um die negativen Effekte der branchenverbundenen Rohmaterialbeschaffung zu reduzieren. Diese Verhältnisse entsprechen Tatsachen und soll thematisiert werden, andernfalls bleiben diese Umstände bestehen. In diesem Bereich sind wir in engem Austausch mit unseren Partnern.

 

 

Der Nutzen …

Das erste und zweite Corona-Jahr hat gezeigt, wie viel Potenzial in Fahrrädern und E-Bikes steckt. Bedingt durch die Pandemie hat sich in Deutschland die Nutzung von öffentlichen Nahverkehrsmitteln im innerstädtischen Raum reduziert und auf das durch Muskelkraft betriebene Zweirad ausgelagert, das bestätigt der Fahrrad-Monitor 2020. Während des Befragungszeitraums Juni gaben 25 Prozent der Teilnehmer und Teilnehmerinnen an, aktuell häufiger mit dem Rad zu fahren.

 

 

… für die Gesundheit

Am häufigsten genannt, weshalb das Fahrrad öfter genutzt wird, ist der Erhalt der eigenen Fitness. Ja, klar! Mit dem E-Bike kann ich für meine Bewegung sorgen und dabei gleich größere Strecken zurücklegen.

 

Aber! Inwiefern kann wirklich das eigene Leistungslevel, also die „Fitness“ aufrechterhalten oder gesteigert werden?

 

Einfach gesagt, ohne zu tief in die Wissenschaft zu gehen, müssen Trainingsreize gesetzt werden, das heißt konkret, es muss Gewicht durch Muskelkraft bewegt werden. Je konstanter und intensiver diese Reize erfolgen, desto schneller erfolgen Anpassungseffekte auf den Bewegungsapparat und auf das Herzkreislaufsystem.

 

Genau hier entsteht ein Risiko bei der Nutzung von E-Bikes. Aufgrund der zusätzlichen Unterstützung durch den Motor besteht die Gefahr, genau diese Lastspitzen bzw. Reize zu reduzieren. Was dann folgt, könnte sich als reine Bewegungstherapie beschreiben lassen und hätte in Relation keine „signifikanten“ Auswirkungen auf die Steigerung des tatsächlichen Leistungslevels.

 

Bezogen auf den Erhalt der Fitness soll hier nur ein Verständnis für Training geschaffen werden. Damit das E-Bike effektiv für die Steigerung der eignen Leistung eingesetzt werden kann, müsste im ersten Schritt eine Leistungsdiagnostik besucht werden, um die individuellen Leistungs- und Belastungszonen zu berechnen. Aber was heißt das konkret? Pulsmesser! Nur so kann permanent überwacht werden, ob die Belastung tatsächlich trainingsintensiv ist.

 

Achtung! Jede Bewegung ist besser als keine und gerade für ältere Semester, Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen oder sehr schwachem Leistungsstand ist das E-Bike eine unglaublich wertvolle Möglichkeit, überhaupt einen Zugang zum Radfahren zu erhalten. Die elektrische Unterstützung, vernachlässigt zunächst das eigene Körpergewicht, das Leistungsdefizit und ermöglicht eine gelenkschonende Bewegung im Freien. Wie eine Studie an der Universität Basel zeigt, können auch E-Bikes dazu beitragen, nach nur kurzer Zeit die Sauerstoffaufnahme von inaktiven und übergewichtigen Personen zu verbessern.

 

Gesundheit setzt sich aus vielen Komponenten zusammen und kann nicht verallgemeinert werden. Entscheidend dafür ist auch nicht, in einer Stunde eintausend Höhenmeter zu pedalieren und das nur aus eigener Muskelkraft.

 

 

… für die Mobilität

Das Auto stehen zu lassen oder einfach nicht mehr auf Bus und Bahn warten, diese Gedanken existieren, egal ob auf dem Weg zur Arbeit oder bei alltäglichen Aufgaben, die schlichtweg Mobilität und Flexibilität erfordern. Für viele ist das leider nicht umsetzbar, zu groß ist die Entfernung zur Arbeit, der Nachwuchs muss in den Kindergarten oder es fehlt einfach an Zeit. Das Fahrrad oder E-Bike als Sportgerät bietet einfach nicht ausreichende Transportmöglichkeiten und Komfort im Vergleich zu einem Auto mit großem Kofferraum und dem schützenden Innenraum.

 

Wo im ländlichen Raum und bei längeren Distanzen ein Auto nahezu nicht durch das E-Bike ersetzt werden kann, profitieret das elektrisch unterstütze Fahrrad im urbanen Raum durch schnelleres Vorankommen im Berufsverkehr oder bei der Parkplatzsuche.

 

Wichtig! Im Rahmen der Fortbewegung geht es dabei nur um das eigentliche Zurücklegen einer Strecke von A nach B und dem daraus resultierenden Energieaufwand, dem Wirkungsgrad und den Ausstoß von Schadstoffen und Treibhausgasen. Was jetzt folgt, ist wieder mal ein Vergleich zum Kraftfahrzeug. Der reine CO² – Ausstoß soll hier gar nicht in oberflächlichen Berechnungen thematisiert werden.

 

Es soll dabei kein unverhältnismäßiger Vergleich gezogen werden, aber wir möchten Faktenlagen zur Mobilität darlegen. Damit lässt sich etwas beurteilen, wie E-Bikes gegenüber anderen Verkehrsmitteln in der Fortbewegung hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit abschließen können.

 

Im Jahr 2018 waren im Durchschnitt Autos auf deutschen Straßen mit 1,46 Personen besetzt. Das übrige Transport- und Raumpotenzial wurde nur bedingt genutzt. Spinnen wir die Utopie, alle Fahrzeuge seien mit modernen Elektromotoren ausgestattet, die rein mit Strom aus erneuerbaren Energien versorgt werden, herrscht trotzdem ein hohes Defizit der vorhandenen Energieverwertung. Klassische Verbrennungsmotoren, die bis heute auf eine fossile Energiebereitstellung angewiesen sind, schneiden aufgrund ihres schlechten Wirkungsgrades von rund 20 Prozent deutlich schlechter ab. Die restlichen 80 Prozent der bereitgestellten Energie setzen sich in Wärme um. Egal welche Ressourcen dazu eingesetzt werden, Verbrennungsmotoren irgendwie klimaneutral zu betreiben die Umsetzung von Energieaufwand in tatsächliche Bewegung wird dabei immer an das physikalische Gesetz eines Verbrennungsprozesses gebunden sein.

 

Ja, aber der Mensch ist doch eigentlich auch ein Verbrennungsmotor!? Richtig! Hier gilt das gleiche Gesetz. Daher kommt der Mensch als Antrieb auch nur auf rund 25 Prozent Wirkungsgrad. Dazu existiert ein hoher Windwiderstand mit großem Energieaufwand in Form von Kalorien und resultiert in einer schlechteren Ökobilanz als ein Dieselmotor. Klingt irgendwie nach einem Witz? Na ja, das überlassen wir der Interpretation unserer Leser und Leserinnen.

 

Um aber auf den Punkt zu kommen, trotz der Tatsache der Ressourcenaufwendungen und Emissionen zur Herstellung von E-Bikes, sind diese rein unter dem Aspekt der eigentlichen Fortbewegung „nachhaltiger“ als ein Kraftfahrzeug. Dazu zählt, um etwas weiter zu denken, auch die Lärmentwicklung beim Fahren und der Anspruch an die Infrastruktur in Städten. Für das Zurücklegen täglicher Kurzstrecken ist das E-Bike ein wertvolles Mittel für Menschen unterschiedlichster Leistungsstufen. 

 

 

Die Haltbarkeit, Instandhaltung und Wiederverwertbarkeit

Wo gehobelt wird, fallen Späne, wo „geradelt“ wird ,… fallen? Wer sich ein neues E-Bike kauft, ist sich oft nicht bewusst, dass sich nicht nur Bremsbeläge oder Antriebsteile abnutzen. Bei Bauteilen wie dem Akku kommt es aufgrund chemischer Reaktionen durch Entladen und Laden zu Kapazitätsverlusten nach einiger Zeit. Wie schnell diese Verluste eintreten, ist abhängig von der Zahl der Ladezyklen und Umwelteinflüssen wie der Temperatur bei der Lagerung. Um daher möglichst lange Reichweite und Spaß mit dem Akku zu haben, sollte unbedingt auf die Herstellerangaben zur Sicherheit und Gebrauch geachtet werden.

 

Aber was ist, wenn nach ein paar Jahren und etlichen Kilometern nur noch Dreiviertel der ursprünglichen Strecke zurückgelegt werden kann? Sofern rein die Kapazität betroffen ist, lässt sich der Akku für die entsprechende Reichweite weiterhin benutzen. Kompliziert wird es, wenn es zu Ausfällen der Unterstützung kommt. Dann kann davon ausgegangen werden, dass wirklich ein Zelldefekt besteht. In vielen Fällen bleibt nur noch der Austausch durch einen Neukauf.

 

Seit defekten Batterien gibt es auch Firmen, die sich darauf spezialisiert haben, einzelne Zellen oder Bauteile zu ersetzen und die Funktion wieder herzustellen. Seitens der Antriebshersteller gibt es noch keine „offiziellen Reparaturangebote“ oder „Werkstätten“, sollte der Kapazitätsverlust der Batterie außerhalb der Gewährleistung oder Garantie sein. Je nach Land ist die alte defekte Batterie dann ein Fall für den Wertstoffhof. Wie viel Prozent davon recycelt wird und anschließend wieder in einen Herstellungsprozess fließt, kann nicht unabhängig bestätigt werden. Laut dem Bericht der DR Deutschen Recycling Service GmbH im Jahr 2018 wurden von 3152 Tonnen Batterien, die sich im Umlauf befanden, nur 3,62 Prozent recycelt. Demzufolge liegen bereits große Mengen wertvoller Rohstoffe in den Privathaushalten und finden nicht mehr den Weg ins Recycling. Die Entsorgung bzw. Abgabe als Privatperson ist grundsätzlich kostenlos.

 

 

Unsere Verantwortung

Absolut richtig, wir verkaufen nach volkswirtschaftlicher Definition Konsum- und Luxusgüter! Das derzeitige Sortiment bildet mehr Sportgeräte mit viel Federweg und groben Reifen ab, anstatt alltagstauglicher E-Bikes, die ein Auto in der Praxis ersetzen.

 

Um ehrlich zu sein, befinden wir uns in einem Lernprozess und setzen uns täglich im Rahmen unserer WDU-Strategie nachhaltigem Wirtschaften – und mit der Nachhaltigkeit von E-Bikes – auseinander. Wir möchten unser Angebot beibehalten, jedoch so transparent und gewissenhaft gestalten wie es nur möglich ist. Darum sind wir in engem Austausch mit unseren Partnern und Lieferanten. Wir geben unser Bestes, die Anforderungen eines nachhaltigen Angebotes zu erfüllen und schenken ungefiltert jeder Kritik gehör!

 

Fragen und Anregungen immer gerne an: [email protected]