Strom Anbeter – E-Bike Story

Das Karwendel (Bayern) mit seinen langen Tälern und hohen Übergängen schreit lautlos nach dem E-Mountainbike. Wir folgten seinem Ruf und unternahmen vom Achenwald aus eine große Runde rund ums Demeljoch und zur Rotwandlhütte.

„Schleimsattel, Kotzenalm, Mantschenalm. Die Worte zergehen nicht gerade auf der Zunge, zugegeben. Das gilt ganz und gar nicht für diese Tour, die geradewegs in das einsame Gebiet der Mondscheinspitze führt, wo solche Namen zuhause sind.“ Diese weisen Worte sind über 30 Jahre alt und stammen von einem Mann namens Elmar Moser. Moses führte die Ägypter durchs Rote Meer, Moser die Mountainbiker durch die bayerischen Berge. Ob Chiemgau, Allgäu oder Karwendel: Der „Moser“ war Ende der Achtziger und bis weit in die Neunziger quasi die Bibel aller Bergradler. So führten die Ringbücher mit ihren akribisch genauen Wegbeschreibungen – wehe, wenn der Tacho falsch justiert war, dann stand man unweigerlich im Wald! – und ihren launigen Texten Generationen von Mountainbikern auf den rechten Weg.

 

Heute gehören die Moser-Guides freilich längst zum Antiquariat, erzielen auf Ebay erstaunlich stramme Preise – der moderne Mountainbiker aber folgt trotzdem seinem GPS-Empfänger am Lenker. Und fährt nicht mehr nur aus eigener Kraft ins Gebirg’, sondern lässt sich vom Elektromotor die Berge hochschieben. Was bleibt, ist die Natur und die Traumrouten, die auch 30 Jahre nach Moser nichts von ihrer Faszination eingebüßt haben. Beispiele: die Karwendelrunde, die Tour zum  Halleranger oder die große Schleife rund ums Demeljoch.

 

 

Karwendel E-Bike

 

Akku zu hundert Prozent aufgeladen?


Dann kann’s losgehen! Und zwar schon fast lateinisch: auf der „Via Bavarica Tyrolensis.“ Das ist wider Erwarten keine alte Römerstraße, sondern ein moderner Radwanderweg zwischen München und Wiesing im Tiroler Inntal. Aber bald schon hinter dem Start in Fall (Lenggries) lassen E-Mountainbiker auf ihrem Weg ums Demeljoch den Sylvensteinspeicher und den lateinisierten Radweg links liegen und schalten am Gasthof „Zum Hagen“ von Eco auf Sport. Denn die folgenden 700 Höhenmeter hinauf zur Rotwandlhütte haben es in sich. An der Kapelle St. Peter und Paul vorbei, führt ein Bergsträßlein – anfangs noch asphaltiert, aber bald schon fein geschottert – vorbei am Brettersbergalm-Hochleger (1296 m) konstant steil bergauf. Auf dem Weg zum Höhepunkt der Tour, der ausgedehnten Hochalm rund um die Rotwandlhütte (1525 m), zeigt sich die eigenartige Pyramide des Juifen (1988 m) von ihrer markanten Seite.

 

Der Akku hat schon gehörig an Saft verloren, wenn sich erst etwa zwei Kilometer vor dem kleinen Almenverbund der Rotwandalm-Hochleger der Wald langsam lichtet und sich die Steigung etwas zurücklehnt. Endlich oben! In den Sommermonaten bekommen hungrige Mountainbiker (und natürlich auch Wanderer) hier auf der Rotwandlhütte von den Bergbauern Essen und Trinken. Im Frühjahr und Spätherbst muss man sich seine Jause selbst mitbringen. Aber zu allen drei Jahreszeiten können E-Mountainbiker auf der Sonnenterrasse der Rotwandlhütte in aller Ruhe die Seele sonnen und im Cinemascope-Style fernsehen. Die Sicht weit hinaus Richtung Hauptstadt und gegenüber zu Birkkarspitze, Lamsenjochspitze & Co. gehört zum Besten, was der Karwendel zu bieten hat.

 

 

E-Bike Karwendel

 

Aber auch die schönste Rast muss irgendwann enden. Bloß gut, dass es ohne Umschweife gleich bergab geht. Vorbei an den landwirtschaftlich genutzten Almen Rotwandalm-Niederleger (1398 m), Baieralm (1370 m) und Zotenalm-Mitterleger (1290 m) geht’s in rauschender Fahrt nach Süden. Noch eine letzte, etwa zwei Kilometer lange Passage mit leichtem Auf und Ab, und dann geht es schließlich ins Bächental hinab. Nächster Boxenstopp: das Forsthaus Aquila (919 m). Die kurze Auffahrt zu dem ehemaligen Jagdhaus im Bächental ist bestens ausgeschildert und lohnt sich auf jeden Fall. Denn nach mittlerweile zweiunddreißig Kilometern Fahrstrecke können Mensch und Maschine den Akku im Forsthaus wieder laden. Vom Forsthaus sind es anschließend noch achteinhalb Kilometer meist leicht bergab durchs schattige Bächental zurück nach Fall, dem Ausgangspunkt der Juifen-Runde. Und nächstes Wochenende? Da ist sie dann fällig, die Riesenrunde über Schleimsattel, Kotzenalm und Mantschenalm. Wie Moser schon sagte:  „Die Worte zergehen nicht gerade auf der Zunge, zugegeben.“ Aber sind Worte inmitten der Natur nicht eh nur Schall und Rauch?

 

 

Alle Infos im Überblick


Ob mit oder ohne Elektro-Unterstützung – diese gut 40 Kilometer lange Runde mit rund 1300 Höhenmetern gehört mit zum Schönsten, was das Karwendel, Bergradlern zu bieten hat. Mit dem Mountainbike kann man mit etwa fünf Stunden reiner Fahrzeit rechnen, mit dem E-MTB gut eineinhalb Stunden weniger. Die Runde verläuft auf breiten Forstwegen und bietet keinerlei fahrtechnische Schwierigkeiten.

Start und Ziel: der Wanderparkplatz in Fall. Einkehrmöglichkeiten findet man an der Rotwandlhütte (höchster Punkt der Tour, bewirtet nur im Hochsommer, keine Akkulademöglichkeit!) sowie im Forsthaus Aquila im Bächental.

 

Passende Ausrüstung für Frauen:


 

Passende Ausrüstung für Männer: