Auf ein Wort mit Hans Conrad

125 Jahre ist eine lange Zeit für ein Unternehmen…

Ja und nur 2% der deutschen Unternehmen schaffen überhaupt 100 Jahre. Wenn ich in unseren Jahrbüchern zurückblättere, sind wir durch viele Krisen gegangen: erster Weltkrieg, Zusammenbruch der Monarchie und der anschließenden Wirtschaftskrise, zweiter Weltkrieg mit der kompletten Zerstörung Deutschlands und im Familiären mit der Kriegsgefangenschaft meines Großvaters. Aber mit unglaublichem Mut haben meine Großeltern und Eltern weitergemacht – diese Zuversicht bewundere ich.

 

 

Sport Conrad entwickelte sich von der Schuhwerkstatt zum Outdoor-Händler mit international erfolgreichem Onlinegeschäft. Wie schafft man es, sich treu zu bleiben?

Wir haben die Bodenhaftung nie verloren. Wir spielen unseren Kundinnen und Kunden nichts vor, nur um zu gefallen. Wir wissen, wo wir daheim sind. Natürlich hat unser Onlineshop viel verändert, aber wir haben einen bodenständigen Charakter und sind in der Region mit unseren Filialen tief verwurzelt. Und wir nehmen unsere Verantwortung als Familienunternehmen sehr ernst.

 

 

 

Der Blick in die Zukunft hat viel mit verantwortungsvollem Wirtschaften zu tun. Also Nachhaltigkeit.

Unser Nachhaltigkeitsgedanke war nicht immer da. Wir haben jahrzehntelang rein wirtschaftliche Interessen verfolgt. Jetzt aber haben wir einen Punkt erreicht, wo wir viele Dinge ändern und bestimmte Limits einhalten müssen. Sonst werden wir als Menschheit die Nachhaltigkeitsziele nicht erreichen. Das ist für alle eine Riesen-Aufgabe.

 

 

Was hat Sie als Sportartikel-Händler zum Handeln gebracht?

Also ganz neu ist das ja nicht. Ich habe das schon in den 90er Jahren miterlebt, als Unternehmen wie Patagonia und Vaude da sehr mutig und konsequent vorangegangen sind. Die beiden Unternehmen waren ihrer Zeit nur leider weit voraus. Damals haben das die Kunden einfach nicht angenommen. Da ging es um Nischenprodukte. Wirtschaftlich hatte es damals noch überhaupt keinen Effekt.

 

 

Wann und wie sind Sie in das Thema eingestiegen?

Vor drei Jahren haben wir das Projekt „Wir denken um“ angegangen. Nach vielen Diskussionen hier im Betrieb kam das Thema auf. Die Grundüberlegung war: Es reicht nicht, darauf zu warten bis die Industrie uns nachhaltige Produkte liefert. Wir haben gemerkt, wie groß die Kluft zwischen dem Sagen und dem Machen häufig ist. Mittlerweile haben wir unser „Wir denken um“ in unserer Strategie verankert und uns ein Ziel gesetzt: 

 

 

 

Was ist Ihre Motivation? Was treibt Sie an?

Ganz einfach: Ich habe drei Kinder. Das ist meine Motivation. Ich hoffe, dass sie nach mir den Betrieb übernehmen. Ich bin selbst viel in den Bergen unterwegs. Ich hoffe, dass das meine Kinder auch noch können. Das ist meine ureigene Motivation. Wir wissen doch alle: So wie bisher können wir nicht weiter wirtschaften. ich für meinen Teil will nichts unversucht lassen. Das Thema ist weitaus wichtiger als wirtschaftlicher Erfolg und alles, was uns sonst so im Alltag bewegt. Und das will ich angehen.

 

 

Was hat Sie zu dieser Überzeugung gebracht? Hatten Sie ein Schlüssel-Erlebnis?

Ich habe ein großes Vorbild gehabt, den Yvon Chouinard, Gründer und den Besitzer von Patagonia. Der hat mir immer gesagt, es ist alles nicht wichtig, was wir hier machen, wir müssen alles dafür tun, diesen Planeten unseren Kindern zu erhalten. Schon Anfang der 90er Jahre hat Patagonia angefangen, das komplette Sortiment umzustellen.

 

 

Bei Ihnen hat es etwas länger gedauert …

Ja, ich habe mir damals gesagt, dass ist aber weit hergeholt, muss das jetzt sein? Erst später habe ich erkannt, wie weitsichtig dieser Mann damals schon war. Und man muss auch sehen: Der wirtschaftliche Erfolg war bei ihm lange nicht da. Die Firma war viele Jahre lang in einer ganz prekären Situation, eben weil Chouinard ihren Umbau so radikal betrieben hat.

 

 

Von mittelständischen Unternehmern kommt häufig der Einwand, der Aufwand für Nachhaltigkeit sei einfach zu groß. Wie bekommen Sie das mit Ihren 250 Mitarbeitern hin?

Viele Mittelständler können das stemmen. Nachhaltigkeit ist auch für Familienbetriebe machbar, weil oft schon kleine Dinge Wirkung bringen. Es funktioniert aber nur, wenn die Firmenleitung den festen Willen hat: Wir müssen das Thema stemmen. Wenn Sie in unser Zentrallager schauen, wenn da im Winter 60.000 Paar Ski angeliefert werden, wie die verpackt sind, was das für Berge von Müll sind, das ist unbeschreiblich. Solche Probleme kann man nicht auf die Mitarbeiter abschieben. Da muss man als Chef Entscheidungen treffen.