Tourenbericht: Skitour auf die Seekarspitze


Tourenbericht geschrieben von Robert Werner von Flow Valley


Eine Ski-Splitboard-Tour am Tiroler Fjord ist in jeder Hinsicht ein Highlight. Landschaftlich erinnert einen die Tour stark an die Lofoten in Norwegen. Der Fjord ähnliche Achensee liegt eingekesselt zwischen den Kalkflanken von Rofan im Osten und dem Karwendel im Westen. Die Seekarspitze thront wie eine Pyramide über dem Nordende des Achensees. Nur an wenigen Tagen im Winter erwischt man diese rassige Skitour bei perfekten Bedingungen. Einerseits muss für den steilen ostseitigen Aufstieg die Schneehöhe passen, dass die Latschen zum Großteil unter der Schneedecke verschwinden, andererseits sollte auch die Lawinensituation den anspruchsvollen Aufstieg mit zahlreichen Spitzkehren zulassen.

 

Seekarspitze Österreich

 

Mitte Januar letzten Winters war es dann wieder mal so ein Tag. Vale Rapp und ich nutzen den sonnigen Januar Tag um den 2053 hohen Gipfel der Seekarspitze zu erklimmen. Von meinem Wohnort im oberbayerischen Lenggries erreiche ich Achenkirch in einer guten halben Stunde und so zählt das Achensee Gebiet zu meinem favorisierten lokalen Splitboard Touren. Neben der Tatsache, dass hier einige lohnende Skitouren auf engen Raum möglich sind, kommt noch dazu, dass unsere Tiroler Nachbarn meistens noch ein paar Zentimeter mehr Powder bei Nordstau abbekommen.

 

Wir starten unsere Tour am Parkplatz in Achenkirch nahe des Achensee Nordufers und folgen der Beschilderung Kogel Alm. Auf dem steigenden Forstweg geht es Richtung Kogel Alm. Damit es nicht zu langweilig wird kann man die weiten Kehren über lichte Waldhänge abkürzen. Hinter der Kogel Alm auf 1.290 Meter Höhe steigt man nun durch einen lichten Wald bis zu einer Holzhütte empor. Wir finden heute den lichten Wald völlig unverspurt vor, mit einer pulvrigen 20 cm hohen Neuschneeauflage. Da steigt jetzt schon die Vorfreude auf die Treeruns bei der Abfahrt. Nachdem wir die Holzhütte passiert haben, heißt es für uns den schwierigen Aufstiegsteil der Route zu bewältigen. Denn jetzt erreichen wir den 35 Grad steilen freien Wiesen und Latschenhang. Heute ist die Aufstiegsspur griffig und wir brauchen keine Harscheisen. Trotzdem empfehle ich bei dieser Tour auch fortgeschrittenen Skibergsteigern Harscheisen im Rucksack zu haben, um bei nicht ganz so idealen Aufstiegsbedingungen das Spitzkehren Inferno kraftsparend zu meistern. Eine solide Spitzkehrentechnik ist hier unbedingt Voraussetzung bevor man den Ostgrat erreicht.

 

Sollt man jetzt vor haben Richtung Osten abzufahren ist es sinnvoll hier Skidepot zu machen, denn nun heißt es zu Fuß weiter über den Ostgrat zum Gipfeln kraxeln. Trittsicherheit und Schwindelfreiheit ist hier von Vorteil. Der Gipfelgrat ist meist stark überwechtet und man sollte mit respektvollem Abstand zur Wechte die Querung zum Gipfelkreuz angehen. Der Ausblick am höchsten Punkt unserer Tour ist einfach atemberaubend schön. Zu unseren Füßen liegt der tiefblaue Achensee. Kurz vergisst man wieder, dass man gerade in Nordtirol ist und nicht irgendwo ganz weit weg in den Lofoten. Die Fernsicht reicht vom Großvenediger bis zur Benediktenwand. Auch das tiefverschneite Rofangebirge auf der gegenüberliegenden Seite grüßt mit perfekten Skitourenbedingungen.

 

Seekarspitze Österreich

 

Wir entschließen uns erstmal ostseitig entlang der Aufstiegsspur abzufahren. Zu verlockend haben sich die Hänge beim Aufstieg präsentiert. Mit weiten turns ziehen wir unsere Spuren im perfekten windgepressten Powder in die die Ostflanke. Man bekommt das Gefühl, als würde man im Steilflug direkt in den Grund des Achsensees rasen. Auch der Treerun im unteren Teil macht richtig Laune. Die Schneedecke ist ausreichend, um sich seine Traumline im Slalom Style durch die Bäume suchen zu können. An der Forststrasse angekommen entschließen wir uns nochmal aufzufellen und erneut zum Gipfel aufzusteigen.

 

Diesmal wollen wir die noch steilere (ca. 40 Grad) Nordflanke bis zur Seekar Alm in Angriff nehmen. Diese Variante erfordert absolut sichere Verhältnisse und wegen der Abrutsch- sowie Absturzgefahr eine solide Ski- und Snowboardtechnik. Die Einfahrt in den Nordhang ist fast nie perfekt und oft steinig. Auch am heutigen Tag hat hier oben der Wind gewütet und einiges abgeblasen. Mit viel Feingefühl tasten wir uns wie auf rohen Eiern in den Steilhang. Nach ein paar Tiefenmeter ändert sich das Szenario und es staubt bei jedem Schwung ohne Feindkontakt. Fluffiger trockener Powder ohne Windeinfluß zaubert uns ein fettes Grinsen ins Gesicht. Der zweite Aufstieg hat sich mehr als gelohnt.  Kurz vor der Seekar Alm gibts es kleinere Drops und Pillows zum Spielen bevor man auf der Forststrasse  zur Aufstiegsspur zurückkehrt.

 

Nach rund 1800 Höhenmetern und zwei epischen Abfahrten kommen wir gestoked wieder am Parkplatz an. Für mich eine der landschaftlich schönsten Splitboardtouren mit einziartigem Ambiente in meinem lokalen Umfeld. Ein Muss für fortgeschrittene Skibergsteiger und Splitboarder sowohl im Aufstieg und in der Abfahrt.

 

Seekarspitze Österreich

 

Skitour auf die Seekarspitze: Wieso ist es eine „Ski Local“ Tour für mich?


Die Tour ist nur eine halbe Stunde von meinem Wohnort Lenggries entfernt

Exposition: Nordost und Ost

Tourdaten: Höhendifferenz: 1100 Höhenmeter, Distanz: 5 Km (Aufstieg)

Bei beiden Abfahrten (Nord und Ost) sind 1800 Höhenmeter zu bewältigen

Aufstiegszeit: 4 Stunden, bei beiden Abfahrten 6,5 Stunden

Beste Jahreszeit:

Januar bis Anfang April

Ausrüstung: Normale Skitouren und Splitboard Ausrüstung. Unbedingt Harscheisen mitnehmen.